Warum steigt die Gewaltbereitschaft im Netz?



Vor rund acht Jahren habe ich begonnen mich mit Cybercrime zu beschäftigen und man kann mit Sicherheit sagen, dass das Internet mehr Kriminalität verursacht hat. Spannend dabei ist aber das Motiv. Weshalb sind wir Menschen, wenn wir uns in Anonymität wiegen, eher bereit kriminell oder aggressiver zu werden?


Nehmen wir als Beispiel Cyberstalking, Cybermobbing oder die in aller Munde bekannte Verhetzung im Netz. In der Kriminologie gibt es eine Theorie, der Routine Activity Approach *, die im wesentlichen davon ausgeht, dass die Motive der Täter immer von drei Variablen beeinflusst werden, nämlich a) dem motivierten Täter, b) dem geeignetes Tatobjekt und c) dem Fehlen eines ausreichenden Schutzes des Tatobjektes.

Beispiel:
Sarah verlässt ihren Freund Petro. Er ist gekränkt und beleidigt und will sich an ihr rächen. Da Sarah öfters an Petros PC gesurft hat, hat sie dort ihre Login-Daten für Facebook, Amazon und Co gespeichert. Nach der Trennung nutzt Petro die Daten und postet private Fotos von Sarah unter ihrem Facebook-Account und er kauft in ihrem Namen auf Amazon ein.

Hier passt die Theorie gut, denn a), b) und c) sind gegeben. Aber wie kann man dem vorbeugen? Hass und sich rächen zu wollen, ist eines der ältersten ur menschlichen Triebe, die jeder von uns hegt. Der eine mehr, der andere weniger. Aber was bringt uns dazu aus einer alltäglichen Enttäuschung auch b) und c) nachzugehen? Das geeignete Tatobjekt ist in diesem Sinne klar, da Sarah auf Petros PC gearbeitet hat. Der mangelnde Schutz liegt offensichtlich auch auf der Hand. Dieser kann durch Unwissenheit bei Sarah oder durch zu viel Vertrauen Petro gegenüber entstanden sein.

Die Möglichkeit macht Täter, und die Moral lässt mit der zunehmenden Anonymität nach. Wo sind die Hüter der Moral geblieben? Wer übernimmt diese Rolle in unserer Gesellschaft? Dieses ist eine der größten Herausforderungen für die Kriminalprävention im Bereich Cybercrime und Radikalisierung.


* Lawrence E. Cohen and Marcus Felson, “Social Change and Crime Rate Trends: A Routine Activity Approach,” American Sociological Review, 44 (4) (1979): 588.


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© Edith Huber 

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2 Kommentare:

  1. Ein schwieriges Thema. Die "Hüter der Moral" könnten natürlich für eine abnehmende Anonymität im Netz sorgen. (siehe letzter Absatz im Artikel) Tun sie auch schon. Zum Beispiel die Vorratsdatenspeicherung. Allerdings kann man das auch ziemlich kontrovers sehen. Wir gleiten schleichend immer tiefer in einen Überwachungsstaat hinein.
    Markus ( https://der-5-minuten-blog.de )

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  2. "Wir gleiten schleichend immer tiefer in einen Überwachungsstaat hinein" - Das stimmt. Mit ausdehnbaren Gesetzen kann man alles verbieten, was einem nicht passt.

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